26.7.2020

Wer aktuell in Deutschland dazu steht, eine Fernreise antreten zu wollen, der riskiert, zum Bösewicht der Nation erklärt zu werden – nicht nur im Kommentar der ARD-Tagesthemen.
Reisen in Zeiten von Corona – darf man das? Sollte man das? Sechs Wochen nach Aufhebung der weltweiten Reisewarnung in Deutschland ist diese schwierige ethische Frage aktueller denn je. Aber wie so oft im Leben gibt es leider keine einfache Antworten. Denn was bedeutet es beispielsweise für Tansania, wenn die Gäste dauerhaft ausbleiben?

Wir haben nachgefragt.

ABENTEUER TANSANIA in Tansania, das ist Corina Wiedermann mit ihrem Team. Corina lebt seit vielen Jahren in Ostafrika, Ihr Ehemann Seif hat den Tourismus im Land einst von der Pike an mit aufgebaut.

Abenteuer Tansania: Corina – Du lebst in Tansania, sprichst fließend Suaheli und bist nicht zuletzt durch Deinen tansanischen Mann Seif in beiden Welten zu Hause, lebst in keiner Parallelgesellschaft, sondern wirklich am Pulsschlag des Landes. Machst Du Dir aktuell Sorgen um Deine Gesundheit?
Corina: Unsere Tochter lebt zurzeit bei deutschen Freunden in der Nähe von Stuttgart, weil sie Abitur macht. Als Corona losging, haben wir sie mit einem der letzten Flieger, die rausgingen, noch nach Tansania geholt. Muss ich noch mehr sagen?

Abenteuer Tansania: Wie wirkt sich die Reisewarnung des AA auf Dein Geschäft aus?
Corina: Touristen bleiben aus. Neubuchungen gibt es so gut wir keine mehr. Bestehende Buchungen werden bestenfalls auf 2021 verschoben oder meist sogar storniert. Potentielle Gäste, die noch reisewillig sind,  sind durch die fortbestehende Reisewarnung verunsichert und/oder müssen sich oft  in ihrem Freundes- und Verwandtenkreis kritischen Fragen stellen. Dadurch ist das  Touristikgeschäft in Tansania beinahe komplett zum Erliegen gekommen. Über eine Million Arbeitnehmer sind direkt oder indirekt von Tourismusgeschäft abhängig; die meisten von ihnen sind seit Monaten arbeitslos, was weitreichende Folgen befürchten lässt.
Die Reisewarnung ist wirklich der ‘Supergau’ derzeit, und wir alle hoffen sehr, daß sie nach dem 31.08.2020  nicht mehr fortgeführt wird. Die Österreicher haben Tansania von der Liste der ‘Risikoländer’ genommen, wir hoffen wirklich, daß Deutschland hier bald nachzieht.

Abenteuer Tansania: Musstest Du schon Leute entlassen?
Corina: Entlassen haben wir noch niemanden. Allerdings in teilbezahlten oder leider auch unbezahlten Urlaub geschickt. Wir arbeiten normalerweise natürlich auch mit vielen freiberuflich Tätigen, denen wir natürlich derzeit gar keine Aufträge erteilen können. Das tut uns allen sehr weh.

Abenteuer Tansania: Wie lange hältst Du das noch durch?
Corina: Puh – mal sehen. Wir denken, daß wir 2020 noch herumbekommen, ohne komplett schließen zu müssen. Falls bis dahin das Geschäft nicht wieder anzieht, dann sieht es mau aus. Nicht nur bei uns, sondern bei allen anderen auch.

Abenteuer Tansania: Was machst Du, wenn Lodges von heute auf morgen schließen?
Corina: Das werden sie nicht. Alle sind ja bestrebt, die wenigen Gäste, die kommen, fürstlichst zu verwöhnen und versorgen. Aber falls es doch eintreten sollte, buchen wir kurzfristig um und wenn alle Stricke reißen, können wir ganz einfach noch Campingsafaris organisieren. Und zwar nicht nur ‘Einfach-Camping’ mit Schlafsack im Igluzelt und Gemeinschaftstoiletten mit Plumpsklo, sondern durchaus auch luxuriösere Varianten mit großen Zelten, Betten, angeschlossenen Badezimmern mit laufendem Wasser, Privatrestaurants, etc. Das ist sogenanntes ‘Glamping’ und das ist immer möglich.

Abenteuer Tansania: Gibt es gerade irgendwo besonders gute Sonderpreise?
Corina: Ja, durchaus. Viele unserer Geschäftspartner haben Sonderpreise veröffentlicht, die das Geschäft ankurbeln sollen. Manche haben ihre Preise halbiert, um für eine gewisse Auslastung zu sorgen.  Das richtet sich kurzfristig zwar eher an Tanzanier und hier im Land lebende Ausländer. Aber auch Gäste aus dem Ausland kommen durchaus in den Genuss von niedrigeren Zimmerpreisen.

Abenteuer Tansania: Wo ist es gerade besonders schön?
Corina: Natürlich in der Serengeti. Und zwar im Norden, wo die berühmten ‘Flußquerungen’ stattfinden. Millionen von Zebras und Gnus wandern aus der tansanischen Serengeti in die kenianische Masai Mara ein, was nur möglich ist, wenn sie den Marafluss durchqueren. Die Sichtung der riesigen Herden, die sich durch die Fluten kämpfen, das ist ein einmaliges Erlebnis, das man sicherlich nie mehr wieder vergisst. Und dieses Jahr ist das besonders spektakulär, weil man sich dieses Erlebnis mit nur wenigen anderen Besuchern teilt. Und nicht wie sonst mit Hunderten anderer Zuschauer, die auf beiden Seiten des Flusses diesem Naturschauspiel bewohnen möchten. Schon spricht man in Tansania davon, den Aufenthalt am Mara River auf eine gewisse Zeit zu begrenzen  oder das Gebiet gar von der Serengeti abzuspalten und ein separates Schutzgebiet mit den entsprechenden zusätzlichen Eintrittsgeldern zu machen. Aber diese Pläne sind natürlich in diesen Zeiten erst mal auf Eis gelegt.
Fazit: So schön wie derzeit lässt sich Tansania sicherlich nie mehr bereisen…

Abenteuer Tansania: Hast Du einen Tipp für Sansibar?
Corina: Vor allem an der südlichen Ostküste ist ein Strandaufenthalt derzeit besonders empfehlenswert. Die schneeweissen, endlosen Strände sind menschenleer und sauber. Wo man zu dieser Jahreszeit in der Hochsaison an einigen Stellen, z.B. am Paje Beach, der sich zu einer Hochburg für Kitesurfer entwickelt  hat,  Nonstop – Party hat und man im Grunde wegen der vielen Kitesurfer gar nicht mehr wirklich im Meer schwimmen kann, ist es menschenleer, ruhig und einfach wunderbar. Es ist eine Stimmung wie vor 20 Jahren, einfach unbeschreiblich schön.

Abenteuer Tansania: Möchtest Du unseren Gästen noch etwas ans Herz legen?
Corina: Wenn Sie sich ohnehin mit dem Gedanken tragen, ‘irgendwann einmal’ nach Afrika zu reisen und auf Safari zu gehen, dann ist jetzt die absolut richtige Zeit dafür. Tansania ist sicher, überall wird ein recht ausgefeiltes Hygienekonzept eingehalten. Man hält sich allermeist im Freien auf und reist und wohnt immer mit viel Abstand zu anderern Gästen. Die Parks sind menschenleer, man hat die Wildtiere ganz für sich.  Und die Kollegen, die mit uns arbeiten, jeder einzelne, brauchen jeden Besucher, um ihr Leben fortzuführen, um die Familien zu unterstützen, die Kinder in die Schule zu schicken und die Ausbildung jüngerer Familienmitgliedern zu fördern. Daher ist jeder Gast dringend benötigt.
Aber auch ohne diese ‘Notwendigkeit’ ist Tansania ganz einfach wunderschön. Es ist ein richtiges Bilderbuch-Afrika, was jeden berührt.

Abenteuer Tansania: Danke, liebe Corina. Wir geben unser bestes, um aufzuklären. Und unsere Gäste, die jetzt in den letzten vier Wochen gereist sind (immerhin 12…) sind zu 100 % Covid-negativ getestet. All die präventiven Maßahmen im Kampf gegen Covid-19, die wir garantieren, können hier unter „Aktuelles“ mit Datum vom 25.6. nachgelesen werden. Hoffen wir das beste.
Serengeti darf nicht sterben.